11. Türchen: Barbara Krohn

Alltagsrettung Nr. 66

Sich Zeit nehmen.

Sieh nur, da baumelt die Zeit im Baum, kopfüber kopfunter! Schelmisch, bereit zu fliegen und bereit zu fallen. Schon ist sie wieder weg – verflogen und verfallen. Wir können nur schauen, uns wundern, wo zum Teufel, wo im Himmel ist sie nur geblieben?! Diese Versuchung, ihr hinterherzuhetzen, auch wenn wir wissen: Der Zug ist abgefahren. Und halten wir, noch außer Atem, endlich inne an dieser Haltestelle unseres Lebens, sammeln uns und unsere in alle Winde zerstreuten Zerstreuungen ein, kommt sie ganz unerwartet: die Zeit. Stellt sich neben uns, dehnt und reckt sich, macht aus Minuten Stunden und aus Stunden Wochen. Im nächsten Augenblick schon schnurrt sie zusammen, ein Schabernack! Und wie sind wir ihr doch auf Gedeih und Verderb verfallen. Das ist unser Leben, vom ersten bis zum letzten Atemzug – dazwischen viel Wasser den Fluss hinab und Lachse einen anderen Fluss hinauf. Öffnest du am Morgen dein Fenster, strömt dir die Zeit aufs Neue entgegen. Ein ganzer Tag im Leben! Schließ die Augen, lass dich füllen von diesem Licht. Es ist Zeit. Deine Zeit. Sie singt.